Warum Arthrose (OA) keine Verschleißerkrankung ist!

Was sind die Ursachen für eine Arthrose des Kniegelenks?

Es gibt viele mögliche Ursachen für Arthrose des Knies. Bei Menschen ohne vorherige Verletzungen ist Arthrose in der Regel ein biologisch vermittelter Entzündungsprozess…. was bedeutet das?!?? In unseren Gelenken befinden sich Hunderte von Proteinen, Zytokinen, Chemikalien und anderen Verbindungen, die durch das Synovium oder die Auskleidung (lining cells) des Kniegelenks hergestellt werden. Wenn unsere Gelenke gesund sind, unterstützen diese Chemikalien die Gelenkgesundheit und die Ernährung des Knorpels. Ob es sich nun um Verletzungen oder unseren Stoffwechsel, unser Gewicht oder unsere Ernährung handelt – irgendwann kann  eine Art „Schalter“ umschlagen und diese Situation nachhaltig verändern. Dann treten in unseren Gelenken Veränderungen auf, die den Veränderungen ähneln, die mit anderen chronischen Krankheitsbildern in Zusammenhang stehen. Dieser Schalter aktiviert Gene in unserer DNA, die die Produktionschemikalien erhöhen, die der Gesundheit unseres Knorpels schaden, anstatt seiner Gesundheit zu dienen. So führt ein Anstieg dieser „unfreundlichen“ Chemikalien im Laufe der Zeit schließlich zu einer Verletzung der Knorpelzellen (s. Abb. Folie 3). Das schwächt den Knorpel und seine Belastbarkeit. Wenn der Knorpel nicht optimal funktioniert oder dünner wird, kann es zu Schmerzen, Entzündungen, Überwärmungen und Schwellungen kommen. Arthrose scheint durch eine geringgradige chronische Entzündung verursacht zu werden. Es handelt sich also um eine chronische Inflammation, die auch  als Ursache für andere chronische Krankheiten, wie Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und Fettleber angesehen wird. Ein Großteil der chronischen Krankheitslast, die uns betrifft, scheint eine metabolische Ätiologie oder Ursache zu haben. Wissenschaftler  untersuchen mit Nachdruck, wie sich all diese Proteine und Substanzen in unserem Kniegelenk auf die Knorpelgesundheit und die Häufigkeit von Arthrose auswirken.

Erwiesen ist, dass Bewegung die Konzentration von Proteinen und Verbindungen,  die der Knorpelgesundheit schaden, verringern kann . In einer Studie (Helmark et al. 2010) wurde IL-10, eine knorpelschützende Chemikalie im Knie, als Reaktion auf Training produziert. Auch die Konzentration einer Verbindung namens COMP nahm innerhalb des Knies durch Bewegung ab (Andersson et al. 2006). COMP ist ein Protein, das als Biomarker für Knorpeldegenerationen angesehen wird. Andere Forschungsstudien zeigen, dass die Konzentration von COMP im Knie mit zunehmendem Training abnimmt. Daher kann Bewegung dazu führen, dass COMP aktivitätsbedingt aus dem  Knie in die Blutbahn oder das Lymphsystem  verschoben  wird. Verringertes COMP im Inneren des Knies, kombiniert mit einer Erhöhung der Konzentration von Interleukin-10, zeigen  dass Bewegung nicht schädlich für den Knorpel ist, sondern stattdessen nützlich sein kann. Die Ergebnisse einer Forschergruppe um Hydahl et al (2016) konnte zeigen, dass Laufen zu einem Rückgang der Zytokine bzw. Chemikalien führt, die mit Knorpelverschleiß und -abbau in Zusammenhang stehen.

Ja, es gibt mechanische Ursachen für Arthrose. Menschen mit starken X- oder O-Beinen sind anfälliger für Arthrose. Das liegt daran, dass sie eine Seite des Kniegelenks überlasten. Wenn man sich einen Meniskus wegen eines Risses entfernen lässt, ist man auch einem erhöhten Arthrose-Risiko ausgesetzt. Bestimmte Frakturen oder Knochenbrüche, die das Kniegelenk betreffen, können zu einer posttraumatischen Arthrose führen. Diese Form der Arthrose ist seltener und ist auf die Verletzung zurückzuführen, die nach der Fraktur durch die anschließende Fehlausrichtung (misalignment) entsteht.

Pathogene Rolle der metabolisch ausgelösten Entzündung bei OA.

 Anormale Ernährungsfaktoren (wie Lipide und Glukose) und dysfunktionales Fett produzieren einen Überschuss an Adipokinen (Leptin, Resistin, Visfatin u.a.), die in der Lage sind, das Risiko einer OA durch die Induktion entzündungsfördernder Mediatoren (Zytokine, CRP, Komplementfaktoren) zu erhöhen. Der Gehalt an fettfreier Masse, Muskelkraft und entzündungshemmenden Mediatoren, z.B.  IL-10, IL-4 und Adiponectin, ist bei OA reduziert. Andere gängige Metaboliten wie Vitamin D interagieren nicht nur mit anderen Entzündungsmediatoren, sondern sind auch an der Knorpel- und Knochenentwicklung und dem Stoffwechsel beteiligt. Anormale Expressionen von microRNAs stehen mit Meta-Entzündungen und strukturellen Veränderungen der Gelenke in Zusammenhang.

HauptkomponentenBedeutung bei Osteoarthrose (OA)
KörperzusammensetzungKörperfett steht mit mehr Knorpelverlust in Zusammenhang; die Magermasse  hat einen gegenteiligen Effekt; Maße der Körperzusammensetzung waren für die Vorhersage von OA dem BMI überlegen.
AdipokineLeptin, Resistin und Visfatin sind als proin?ammatorische und pro-katabole Faktoren bei OA bekannt; zirkulierendes Leptin ist mit erhöhtem Knorpelverlust und Gelenkschmerzen assoziiert.  Adiponectin kann einen anti-inflammatorischen-Effekt haben und somit günstig bei OA sein.
ZytokineZytokine können aus Fettgewebe produziert werden, zirkulierende oder lokalen Zytokinen (IL-6, TNF-a, IL-17, IL-18) standen mit ROA, Knorpelverlust und/oder Knieschmerzen in Zusammenhang. Interventionen wie z.B. Training können das anti-in?ammatorische Zytokin IL-10 bei OA erhöhen.
Inflammatorische Akut-Phasen-KomponentenCRP ist mit einem verminderten Knorpelvolumen und erhöhten Knieschmerzen assoziiert. Komplemente wie C1s, C4A, Faktor B, C3, C5, MAC und Transkriptionsfaktoren, die Komplement-Effektoren kodieren, sind  bei Arthrose alle anormal ausgeprägt. COMP-C3b-Komplexe sind in OA zu finden.
NährstoffeLipide reichern sich im Knorpel mit zunehmendem histologischen Läsionsgraden an; Serumcholesterin und Triglyceridspiegel waren mit einem erhöhten Risiko für osteoarthritische Veränderungen assoziiert, HDL dagegen stand mit einem verringerten Risiko in Zusammenhang; der Einsatz von Statin in hohen Dosen kann das OA-Risiko reduzieren. Hyperglykämie hat nachteilige Auswirkungen auf den Knorpel; Diabetes könnte ein unabhängiger Risikofaktor für OA sein, was zum Konzept eines diabetesinduzierten OA-Phänotyps führt,
Vitamin D-MangelVitamin D Mangel  kann das Ergebnis von metabolisch ausgelöster Entzündung sein; niedriger Serumspiegel von 25-(OH)D waren mit einer erhöhten Progression der Knie-ROA und einem erhöhten Knorpelverlust assoziiert.
Stickoxid (NO) und reaktive Sauerstoffspezies sind bei OA erhöht und mit erhöhten inflammatorischen Zytokinen assoziiert. IL-1-induzierte OA-Knorpelschäden werden durch einen NO-Synthase-2-Inhibitor oder durch Superoxid-Dismutase gehemmt, aber ein kürzlich erschienener RCT konnte keine positiven Auswirkungen der iNOS-Inhibition auf die Symptome und das Fortschreiten der Knie-OA zeigen.
MicroRNAsMiRNAs ist an der Meta-In?ammation und der Regulation der Knorpelentwicklung und Homöostase beteiligt; neun miRNAs sind im osteoarthritischen Knorpel hochreguliert (z.B.  miR-22 und miR-103) und sieben herunterreguliert (z.B.  miR29a, miR-140 und miR-25); die verschiedenen Funktionen der miRNAs umfassen die Suppression von in?ammatorischen Zytokinen, ADAMTS, COX-2, iNOS und MMPs.

Literaturangaben

Primärquelle: Verändert nach Luks (2019)

Metabolic triggered inflammation in osteoarthritis X. Wang-D. Hunter-J. Xu-C. Ding – Osteoarthritis and Cartilage – 2015