Über das falsche Verständnis und die mangelnde Akzeptanz von evidenzbasierten, nicht-operativen Interventionen bei Patienten mit Gonarthrose

Qualitative Interview-Studie mit 27 Gonarthrotikern, die auf einer Warteliste für einen Gelenkersatz standen.

Die qualitativen Ergebnisse lassen sich in 5 Kategorien der Krankheitsüberzeugungen einteilen.

Identitätsüberzeugungen: Was Gonarthrose ist?

Kausale Überzeugungen: Was Gonarthrose verursacht?

Konsequenzüberzeugungen: Was die Folgen von Gonarthrose sind?

Zeitlinienüberzeugungen: Wie lange die Gonarthrose anhält?

Behandlungsüberzeugungen: Wie kann die Gonarthrose kontrolliert werden?

  • Alle Teilnehmer glaubten, dass Gonarthrose „Knochen auf Knochen“ sei(Identitätsüberzeugungen).
  • Die meisten glaubten, dass sie durch “Verschleiß” (kausale Überzeugungen) verursacht wurde.
  • Die Mehrzahl waren davon überzeugt, dass die Belastung des Knies ihr “verletzliches” Gelenk weiter schädigen könnte (Konsequenzüberzeugung).
  • Alle glaubten, dass sich ihr Schmerz mit der Zeit verschlechtern würde (Zeitlinienüberzeugungen).
  • Viele glaubten, dass Physiotherapie und Trainingsmaßnahmen die Schmerzen verstärken und nicht effektiv seien, da sie den verlorenen Knorpel nicht ersetzen könnten (Behandlungsüberzeugungen).
  • Sie bevorzugten experimentelle und chirurgische Behandlungen, von denen sie glaubten, dass sie verlorenen Knorpel ersetzen und/oder ihre Knieschmerzen heilen würden (Behandlungsüberzeugungen).

Fazit der Autoren

Häufige Missverständnisse über Gonarthrose scheinen die Akzeptanz von Patienten für nicht-operative , evidenzbasierte Behandlungen wie Bewegungstherapie und Gewichtsabnahme zu beeinflussen. Nachdem bei den Teilnehmern dieser Studie “Knochen auf Knochen”- “diagnostiziert” worden waren, verzichteten viele auf bewegungsbasierte Interventionen, von denen sie glaubten, dass sie ihr Gelenk schädigen würden und bevorzugten alternativer und experimenteller Behandlungen, von denen sie annahmen, dass sie verlorenen Knorpel regenerieren könnten.

Diese Missverständnisse sind wohl  „Common Sense“ in unserer Gesellschaft und werden daher in der breiten Öffentlichkeit geteilt. 

Trotz der robusten Beweislage, dass nichtoperative Intervention bei Patienten mit moderater bis starker Gonarthrose einen Gelenkersatz verzögern oder sogar verhindern können, zeigen diese Daten, dass die Überzeugungen von Patienten häufig im Widerspruch zur aktuellen Evidenz und den Empfehlungen in  internationalen Leitlinien stehen.

Literaturangaben

Primärquelle: Misconceptions and the Acceptance of Evidence-based Nonsurgical Interventions for Knee Osteoarthritis. A Qualitative Study Samantha Bunzli-Penny Bhealthsci-Darshini Ayton-Michelle Dowsey-Jane Gunn-Peter Choong-Jo-Anne Manski-Nankervis – Clinical Orthopaedics and Related Research – 2019