Nutzen und Risiken der spinalen Manipulation/Mobilisation bei chronischen Rückenschmerzen

Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse der Cochrane Gesellschaft

Systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse (Update einer Arbeit aus 2011)

  • N = 47 RCT mit 9211 Teilnehmern mit chronischen Rückenschmerzen (mit oder ohne Ausstrahlung)
  • Die meisten Teilnehmer waren zwischen 35-60 Jahre alt.
  • Es wurden spinale Manipulation und Mobilisationen (SpM) untersucht.
  • Die Komparatoren (Vergleichstherapien) waren durch leitlinien-empfohlene Therapie, nicht durch leitlinien-empfohlene Therapie, Scheinbehandlungen (Placebo) und SpM als adjuvante (unterstützende) Therapie.
  • Primäre Endpunkte waren Schmerzintensität und rückenspezifische Funktion.
  • Nebenwirkungen wurden erfasst.
  • Follow-up nach 1, 6 und 12 Monaten.

SpM vs leitlinienkonforme Therapien

  • Moderate Studienqualität
  • Keine klinisch relevanten Unterschied im Vergleich zu einer anderen leitlinienkonformen Behandlung in allen Outcomes bis auf Funktion nach 1 Monat.
  • Wenn man Ausreißerstudien aus der Analyse der Funktion ausschließt, dann verschwindet der klinisch relevante Vorteil bei Funktion nach 1 Monat. (SMD ?0.12, 95% KI: ?0.23 to ?0.01;n=2907; Studien=22; I²=44%)

SpM vs nicht-leitlinienkonforme Therapien

  • Durchwachsene Studienqualität
  • Keine klinisch relevanten Unterschied im Vergleich zu einer nicht-leitlinienkonformen Behandlung in allen Outcomes bzgl. Schmerz.
  • Die rückenspezifische Funktion verbessert sich gering bis moderat gegenüber nichtleitlinienkonformen Behandlung.

SpM vs Scheinbehandlung (Placebo)

  • Niedrige bis sehr niedrige Studienqualität.
  • Keine klinisch relevanten Unterschied im Vergleich zu einer  Scheinbehandlung bzgl. Schmerz.
  • SpM führt zu einem kurzfristigen, moderaten Effekt gegenüber einer Scheinbehandlung bzgl. Funktion.
  • Berücksichtigung von Ausreißerstudien führt zu einer deutlichen Reduktion des Effekts. (SMD ?0.27, 95% KI: ?0.52 to ?0.02; Teilnehmer=698; Studien=7; I²=39%)

SpM als adjuvante Therapie

  • Durchwachsene Studienqualität
  • Keine klinisch relevanten Unterschiede zu allen Zeitpunkten bzgl. Schmerz.
  • Die rückenspezifische Funktion verbessert sich geringfügig zu allen Zeitpunkten

Implikationen für die Praxis

SpM kann als eigenständige Therapie durchgeführt werden. Jedoch ist zu beachten, dass in den aktuellen Leitlinien SpM nur als Zusatz zu einer Trainingstherapie empfohlen wird (NICE 2016, Stochkendahl et al. 2018). Das ist ein wichtiger Punkt, da SpM eine passive Therapie ist. Ansonsten kann das reine Behandeln mit SpM zu einer Reduktion der Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit des Patienten führen.

Über schwere Nebenwirkungen konnte in der Übersichtsarbeit nur in einem Fall berichtet werden, die mit SpM assoziiert sind berichtet werden (Licciardone et al.2013). Jedoch war die Berichtererstattung in den meisten Studien unzureichend. Weitere Übersichtsarbeiten, die weiteres Studienmaterial (außer RCT) mitberücksichtigen kommen zu dem Schluss, dass SpM häufig zu leichten bis mittleren Nebenwirkungen kommt. Schwerere Nebenwirkung sind selten.(Wait et al. 2017). Laut Meinung der Autoren sollten die Nebenwirkungen von SpM explizit gegenüber dem Patienten kommuniziert werden.

Ein belastbare Aussage über die Kosteneffektivität von SpM lässt sich momentan keine belastbare Aussage treffen.

Literaturangaben

Primärquelle: Rubinstein et al. (2019) Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials