Das Prinzip der „Knorpel-konditionierung“

Das Prinzip der „Knorpelkonditionierung“ oder, warum bewerten wir Gelenkbelastungen im Gegensatz zu muskulären Belastungen häufig negativ? Was können wir aus Studien bei Läufern bzw. aus Grundlagenstudien lernen?

Das Konstrukt der Knorpelkonditionierung für die Gelenkgesundheit lässt sich methodisch nur schwer testen, hat jedoch eine überzeugende indirekte Unterstützung:

  • Das OSG erfährt weitaus größere Gelenkbelastungen als das Kniegelenk, eine Arthrose des OSGs ist dagegen deutlich seltener (Seedhom 2006).
  • Gesunder Gelenkknorpel ist in gewichttragenden Gelenkregionen dicker (Andriacchi et al 2009).
  • Der Glykosaminoglykan-Gehalt des Gelenkknorpels im Kniegelenk, der die Schmierung (Lubrikation) und die Stoffdämpfung beeinflusst, ist bei körperlich aktiven Menschen höher als bei Inaktiven und bei Menschen mit höheren Laufumfängen wiederum höher als bei Freizeitläufern (Tiderius et al 2004).
  • Ein nachfolgendes Lauftraining reduziert den Anstieg von COMP („cartilage oligometric protein“, einem Biomarker für die Kollagen-Netzwerkstabilität und das Auftreten sowie die Progression einer Osteoarthrose) nach einem Walking-Programm (Celik et al 2013).
  • Eine Langzeitimmobilisation reduziert bei Menschen nach einer Beinfraktur Qualitätsparameter des Knorpels in der Bildgebung (Hinterwimmer et al 2004, Owman et al 2014)
  • Laufen hat bei Gesunden einen chondroprotektiven Effekt: Ein Lauf über 30 min. reduziert die Konzentration von proinflammatorischen Zytokinen im Gelenk und begünstigt den Transport von „Cartilage Oligomeric Matrix Protein“ (COMP, einem Marker des Knorpelstoffwechsels) aus dem Gelenk in das Blut! Eine 30 minütige Inaktivität verändert die Zytokin-Konzentration dagegen nicht, während COMP  im Gelenk zu und im Blutserum abnimmt! (Hyldahl et al. 2018)

Jahre bis zum Versagen des Gelenkknorpels bei einer Person, die ab einem Alter von ? (= X-Achse) 10.000 Schritte/Tag geht und über ein unterschiedliches Ausgangsniveau der Knorpelkonditionierung verfügt (von zuvor inaktiv bis zuvor Läufer mit unterschiedlichen Umfängen)

Knorpelgesundheit und Belastung stehen in einer U-förmigen Beziehung: Inaktive und Läufer mit extrem hohen Umfängen scheinen sich nicht im biopositiven Bereich zu befinden.

„Die Dosis macht die Medizin“

Meta-Analyse von 17 Studien mit 114 829 Teilnehmern

Ergebnisse

Freizeitläufer mit einer Laufhistorie von bis zu 15 Jahren weisen ein deutlich reduziertes Arthroserisiko im Vergleich zu inaktiven Nichtläufern bzw. Wettkampfläufern auf. Moderate Laufbelastung scheinen nach den Ergebnissen dieser Meta-Analyse eine protektive Funktion für die Gelenkgesundheit der unteren Extremität zu haben.

  • Freizeitläufer: 3,5%
  • Nichtläufer: 10,2,%
  • Wettkampfläufer: 13,3%

Belastung und Knorpel-Gesundheit: Ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang

Literaturangaben

Primärquelle: Joint Loading in Runners Does Not Initiate Knee Osteoarthritis Ross Miller – Exercise and Sport Sciences Reviews – 2017

The Association of Recreational and Competitive Running With Hip and Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Meta-analysis Eduard Alentorn-Geli-Kristian Samuelsson-Volker Musahl-Cynthia Green-Mohit Bhandari-Jón Karlsson – Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy – 2017