Fibromyalgie

„Der Begriff „Fibromyalgie“ ist stark von der Kultur beeinflusst – die Diagnose wird weit häufiger in einigen Ländern dieser Erde gestellt. Auch wenn dieser Begriff für manche angsteinflößend klingen mag, während andere ihn vielleicht als Erlösung empfinden, wissen wir heute, was Fibromyalgie ist. Ihr Nervensystem ist hier extrem sensibel und Ihre Output-Systeme, wie das  Immunsystem, das sympathische, endokrine und motorische System sind hochgeregelt und reagieren sehr schnell. Alles das führt dazu, dass Ihr Körper versucht, sich zu stark zu schützen. Eine zu starke Schutzreaktion über einen längeren Zeitraum führt zu Veränderungen in den Geweben, die jetzt mehr Gefahrensignale in Richtung Ihres Zentralen Nervensystems senden. So entsteht ein Kreislauf, den Sie aber an mehreren Stellen unterbrechen können. Es geht letztlich darum, Bewegung graduell zu steigern, die Schmerzen zu verstehen, Ihre Gefahrensignale („Danger In Me, DIMs“) zu reduzieren bzw. Ihre Sicherheitssignale („Safety In Me, SIMs“) zu finden.“

Pathologische Prozesse der Fibromyalgie auf einen Blick!

Pathologische Prozesse bei Fibromyalgie (vgl. Abbildung, vorige Folie)

Eine Sensitivierung des ZNS  wird als eine wesentliche pathophysiologische Veränderung hinter einer Fibromyalgie angesehen. Der genetische Sollwert (Set-Point) für die sensorische (inklusive Schmerz) Reaktion kann durch psychosoziale Faktoren, wie Angst, Depression, Katastrophisierung und biopsychosozialen Stress (z.B. Trauma, negative Kindheitserfahrungen, einschneidende Lebensereignisse oder Infektionen) beeinflusst werden. Periphere Faktoren, wie ein konstanter nozizeptiver Input durch Komorbiditäten können ebenfalls zur Pathogenese beitragen. Im ZNS finden verschiedenste Veränderungen statt, wie Neurotransmitter-Dysbalance, eine veränderte funktionelle Konnektivität in schmerzassoziierten Gehirnarealen und Veränderungen in der HHN-Achse, die die autonome Funktion beeinflussen.

Rote Pfeile stehen für Stressoren, GABA: ?-Aminobuttersäure, NGF: Nervenwachstumsfaktor

Fibromyalgie verstehen…

  1. Fibromyalgie ist eine heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen Symptomen, psychophysiologischen Reaktionen auf Stress, Bewältigungsmuster nund Reaktionen auf die Behandlung.
  2. Fibromyalgie ist  mit erheblichen psychischen Problemen assoziiert.
  3. Fibromyalgie überlappt mit vielen chronischen Schmerzzuständen, wie chronischer Migräne, chronischem Spannungskopfschmerz, CFS, Vulvodynie, chronischem Rückenschmerz, etc.
  4. Unter sekundärer Fibromyalgie versteht man Symptom einer Fibromyalgie, die in Verbindung mit anderen Erkrankung stehen. Rheumatoide Arthritis (12-20%), ankylosierende Spondylitis (+11-51%), Arthrose (+10%).
  5. Aufgrund der Heterogenität der Erkrankung ist ein individualisiertes Management in Abhängigkeit von den  Symptomen und der Komplexität notwendig.

Literaturangaben

Primärquelle: Moseley, G. Lorimer; Butler, David S. (2017):  Explain pain supercharged. The clinician`s manual. Adelaide: Noigroup Publications

Fibromyalgia. Winfried Häuser-Jacob Ablin-Mary-Ann Fitzcharles-Geoffrey Littlejohn-Juan Luciano-Chie Usui-Brian Walitt – Nature Reviews Disease Primers – 2015

Unravelling Fibromyalgia—Steps Toward Individualized Management. Winfried Häuser-Serge Perrot-Daniel Clauw-Mary-Ann Fitzcharles – The Journal of Pain – 2018