Knien und die Richtung der Gelenkmobilisation
Ausgangssituation und Zielsetzung
- Knien zu können ist eine wichtige Voraussetzung für funktionelle, kulturelle, religiöse und soziale Aktivitäten.
- Mit zunehmendem Alter geht diese Fähigkeit durch Arthrose, Gelenksteifigkeit und Schmerzen zunehmend verloren und ist daher ein wichtiges Therapieziel, das man u.a. durch eine manuelle Mobilisation des Gelenks nach biomechanischen Prinzipien (z.B. konvex-konkav-Regel) zu verbessern versucht.
- Ziel dieser Studie war es, mittels eines CT-generierten 4-dimensionalen Gelenkmodelles die Kinematik einer Bewegung des Femurs auf der Tibia während der tiefen Knieflexion zu beschreiben.
Methodik
25 Gesunde über 45 Jahre (mittleres Alter: 62 Jahre, 13 Männer) knieten auf einem gepolsterten Kasten (Füße frei, Gewicht auf der anterioren Tibia) aus aufrechter Position (90° Flexion), setzten sich dann auf ihre Fersen (max. Flex.) und gingen in die Ausgangsposition zurück. „Frame by Frame“ wurde über die CT-Analyse während dieser Bewegung ein 4-dimensionales Modell der Gelenkkinematik (4. Dimension: Zeit) generiert.
Ergebnisse
Um eine maximale Flexion (90°-ca. 150°) zu erreichen, kommt es zu einer kontinuierlichen posterioren Translation der Femurkondylen um 36 (3)mm, so dass der Femur letztlich 23 (3) mm hinter dem Tibiazentrum (auf den Meniskushinterhörnern) die Flexionsbewegung beendete. Zudem zeigt sich in diesem Flexionsbereich eine Außenrotation des Femurs von 8° (6) in 90° Flex. auf 16° (5) in 150° Flexion.
Die Autoren stellen hier die Sinnhaftigkeit der Konvex-Konvax-Regel als Leitschnur für die therapeutische Mobilisation in Frage: Wenn man die Tibia als konkaven Gelenkpartner zur Verbesserung der Flexion mit einer nach posterior gerichteten Kraft mobilisiert (s.u.), würde man die Tibia nach dorsal drücken. Nach den Ergebnissen dieser Studie wäre dagegen eine Translation des Femurs nach posterior – sprich ein anteriores Gleiten der Tibia im Sinne einer Verbesserung der anterioren Translation auf dem Femur – für eine Verbesserung der Flexion von 90° bis zur maximalen Flexion effektiver. Eine solche Einschränkung der posterioren Translation sowie der Rotation ist bei arthrotischen Kniegelenken beschrieben (Saar et al. 2005, Scarvell et al. 2007, Kawashima et al. 2013).
Nach Ansicht der Autoren sollten zukünftige Studien das Potenzial einer manuellen Mobilisation, die ein anteriores Gleiten in Kombination mit einer Innenrotation der Tibia umfasst, für die Verbesserung der tiefen Flexion untersuchen.