Akute Rückenschmerzen und die Rolle der systemischen Entzündung für die Genesung!

AKUTER RÜCKENSCHMERZ UND DIE ROLLE DER SYSTEMISCHEN ENTZÜNDUNG FÜR DIE GENESUNG!

109 akute Rückenschmerzpatienten (Dauer < 2 Wochen) und 55 Beschwerdefreie wurden initial und nach 6 Monaten untersucht.

Gemessen wurden in der Basislinie Blutmarker, Score-Ergebnisse für Schmerz, Funktion, Schlaf, psychologischer Status.

Nach 6 Monaten wurde die Genesung bestimmt (von > Schmerz/Funktionsverlust bis kein Schmerz/normale Funktion).

Ergebnisse

  • Eine starke Akut-Phase-Reaktion – hohe systemische Entzündungswerte (CRP/Interleukin 6, IL-6) in Kombination mit schlechtem Schlaf (wahrscheinlich als Folge der starken Entzündung, so die Autoren) – waren mit einer günstigen Genesung assoziiert.
  • Eine spezifische Erhöhung von Tumornekrosefaktor (TNF) in Verbindung mit einer Depression waren dagegen Faktoren, die mit einer schlechten Genesung in Zusammenhang standen.
Eine aktuelle Folgestudie bestätigt dieses Ergebnis auch bis über 12 Monate hinaus.2

Cluster 1: Frühe hohe Level an CRP und (tendenziell Interleukin 6) in Verbindung mit schlechtem Schlaf

 Cluster 2: Anhaltend hohes Niveau an TNF und depressive Verstimmung

Was heißt das jetzt für uns?

  • Diese Studien zeigen den langfristigen Verlauf von Genesung und Entzündung in Untergruppen (Clustern) nach einer akuten Rückenschmerz-Episode.1,2
  • Die Daten sprechen dafür, dass sowohl CRP als auch IL-6 eine regulatorische Rolle bei Entzündungen spielen;  erhöhte Werte bei akutem Rückenschmerz weisen darauf hin, dass das Immunsystem handelt, um Gewebe zu schützen, zu erhalten und/oder zu reparieren. Eine ausgeprägte Entzündungsreaktion ist also keineswegs immer negativ.1,2
  • Anhaltend hohe Spiegel an TNF wirken proinflammatorisch4,5 und können als biochemische Risikofaktoren am Übergang von akuten zu chronischen Rückenschmerzen gesehen werden.1,2TNF wird mit der Entstehung von psychischen Störungen, insbesondere Depressionen6,7, in Verbindung gebracht. Psychologische Stressoren können die Funktion der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) stören, was zu einer dysregulierten Kortisolsekretion führt, die wiederum TNF und andere Entzündungsstoffe erhöhen kann.7,8
  • Systemische Entzündungsfaktoren können psychosoziale Veränderungen triggern, psychosoziale – und Lebensstilfaktoren wiederum das Niveau von Entzündungsfaktoren und Zytokinen beeinflussen (bidirektionale Beziehung).3  Bei akuten Rückenschmerzen scheinen Entzündungsreaktionen psychologischen Veränderungen und schlafbezogenen Faktoren vorauszugehen oder diese zu begleiten, anstatt von ihnen verursacht zu werden.

Literaturangaben

  1. Klyne DM, Barbe MF, van den Hoorn W, Hodges PW. ISSLS PRIZE IN CLINICAL SCIENCE 2018: longitudinal analysis of inflammatory, psychological, and sleep-related factors following an acute low back pain episode-the good, the bad, and the ugly. Eur Spine J. 2018 Apr;27(4):763-777. doi: 10.1007/s00586-018-5490-7. Epub 2018 Feb 19. PMID: 29460011.
  2.  Klyne, D. M., Barbe, M. F., & Hodges, P. W. (2021). Relationship between systemic inflammation and recovery over 12 months after an acute episode of low back pain. The Spine Journal, S1529943021009050. https://doi.org/10.1016/j.spinee.2021.09.006.
  3. Klyne DM, Barbe MF, James G, Hodges PW. Does the Interaction between Local and Systemic Inflammation Provide a Link from Psychology and Lifestyle to Tissue Health in Musculoskeletal Conditions? Int J Mol Sci. 2021 Jul 7;22(14):7299. doi: 10.3390/ijms22147299. PMID: 34298917; PMCID: PMC8304860.
  4.  Hehlgans, T. and K. Pfeffer (2005). “The intriguing biology of the tumour necrosis factor/tumour necrosis factor receptor superfamily: players, rules and the games.”  Immunology 115(1): 1-20
  5. Kalliolias, G. D. and L. B. Ivashkiv (2016). “TNF biology, pathogenic mechanisms  and emerging therapeutic strategies.” Nat Rev Rheumatol 12(1): 49-62.
  6. Berthold-Losleben, M. and H. Himmerich (2008). “The TNF-alpha system: functional  aspects in depression, narcolepsy and psychopharmacology.” Curr Neuropharmacol  6(3): 193-202.
  7. Fasick, V., R. N. Spengler, S. Samankan, N. D. Nader and T. A. Ignatowski (2015).  “The hippocampus and TNF:Commonlinks between chronic pain and depression.”  Neurosci Biobehav Rev 53: 139-159.
  8. Raison, C. L., L. Capuron and A. H. Miller (2006). “Cytokines sing the blues:  inflammation and the pathogenesis of depression.” Trends Immunol 27(1): 24-3